Forschungsinstitut für Unternehmensführung, Logistik und Produktion
TUM School of Management
Technische Universität München

Integrierte Produktivitätsprogramme

Integrierte Produktivitätsprogramme für klein- und mittelständische Unternehmen (KMU)
der Werkzeug- und Schneidwarenindustrie

Ausgangssituation

Die KMU der Werkzeug- und Schneidwarenindustrie sehen sich heute zunehmenden Marktanforderungen ausgesetzt, die sich durch einen erhöhten Kostendruck, eine verstärkte Auftragsorientierung und gestiegene Anforderung an Durchlaufzeiten kennzeichnen. Vor dem Hintergrund der fortschreitenden Globalisierung der Märkte treten neben den bisher überwiegend regional tätigen KMU neue leistungsfähige Anbieter auf, die aufgrund differierender Standortbedingungen zu günstigeren Kosten anbieten können. Eine Differenzierung der KMU der Werkzeug- und Schneidwarenindustrie zu den (auch ausländischen) Mitbewerbern erfolgt deshalb zunehmend über hohe logistische Leistungsfähigkeiten wie Lieferfähigkeit, Lieferzeit und Liefertreue, über hohe gleichbleibende Qualitätsstandards und über die Befriedigung individueller Kundenwünsche. Eine kostengünstige und qualitätssichere Produktion ist ein elementarer Wettbewerbsfaktor, der zu steigenden Anforderungen an das Produktionsmanagement führt.
Gleichzeitig sind Zeit- und Mengenschwankungen im Produktionsausstoß als auch Variationen im Erzeugnisprogramm durch die KMU über die organisatorische und kapazitätsseitige Ausgestaltung ihrer Produktionsbereiche aufzufangen.

Gestaltungshinweise sind zwar aus Ansätzen und Methoden der
Produktivitätsprogrammgestaltung in anderen Branchen ableitbar. Doch werden die Anforderungen der KMU der Werkzeug- und Schneidwarenindustrie im Hinblick auf ihre branchenspezifischen Wettbewerbsfaktoren und Unternehmensstrukturen nicht berücksichtigt. Weiterhin bleibt ungeklärt, wie innovative Methoden und Konzepte zur Produktionsgestaltung zu einer praktikablen, angepassten und ganzheitlichen Vorgehensweise verknüpft werden können.

Untersuchungen zeigen, dass branchenübergreifend 81% der Unternehmen einen hohen Forschungsbedarf im Bereich der Produktivitätsprogramme, insbesondere in Hinblick auf die Vorkonfiguration von Methoden- und Instrumentenbaukästen. Besondere Relevanz wird dabei
praxisgerechten Lösungen für KMUs sowie Einzel- und Kleinserienfertigern beigemessen. Entsprechend ist auch der aktuelle Verbreitungsgrad bei kleinen und mittelständischen Unternehmen noch gering. Bei Unternehmen unter 100 Mitarbeitern verfügen nach eigenen Angaben nur ca. 3%, bei Unternehmen bis 500 Mitarbeitern ca. 10% über ein integriertes Produktivitätsprogramm.

Ziel des Forschungsprojektes

Die KMU der Werkzeug- und Schneidwarenindustrie sind als Zulieferunternehmen dem Kunden und Wettbewerbsdruck einerseits sowie dem Kostendruck andererseits zunehmend ausgeliefert. In diesem Spannungsfeld ist es eine erfolgsentscheidende Aufgabe, ein effektives Produktivitätsprogramm auszuwählen und konzeptionell aus zu gestalten. Dies bedeutet alle relevanten Produktionselemente so zu gestalten, dass eine optimale kurz- bis langfristige Ergebnissicherung und -verbesserung ermöglicht wird.

Ziel des Forschungsvorhabens ist, einen anwendungsgerechten Methoden- und Instrumenteneinsatz für die Auswahl, Konzeptionierung und Ausgestaltung von integrierten Produktivitätsprogrammen zu erarbeiten. Es soll die Wirksystematik zwischen markt-, unternehmens- und wettbewerbsspezifischen Erfolgsfaktoren sowie einem optimal ausgestalteten Produktivitätsprogramm aufgezeigt werden. Auf Basis dieser Erkenntnisse lassen sich Gestaltungshinweise im Sinne von Normstrategien für typologisierte Einflussfaktoren und Kompetenzarten generieren.

Die Antragssteller repräsentieren einen Verbund aus zwei industrienahen Forschungseinrichtungen (GFE, IFW) und dem Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Logistik der TU München, die gemeinsame Synergieeffekte für das Projekt nutzen. In den Einrichtungen liegen aufgrund bisher bearbeiteter Projekte sowie infolge der Zusammenarbeit mit Unternehmen der Werkzeug- und Schneidwarenindustrie umfangreiche Erfahrungen vor.

Ablauf des Forschungsprojektes

Die Projektbearbeitung erfolgt in 4 Hauptphasen.

Phase 1: Modellkonzeption

Ziel ist das Erarbeiten eines ganzheitlichen Ansatzes des Konzeptmodells für integrierte Produktivitätsprogramme unter Beachtung interner sowie externer Einflussgrößen. Hierbei sind insbesondere die Interdependenzen innerhalb der Unternehmen sowie die Wechselwirkungen zu ihrer Position innerhalb der Wertschöpfungskette zu beachten.

Phase 2: Unternehmensbefragung

Im Rahmen der Befragung soll die Bedeutung unterschiedlicher Ausgestaltungsarten der Produktivitätsprogramme für die betrachtete Branche sowie die aktuellen Ausgestaltungsformen und angewendete Vorgehensweisen zur Implementierung ermittelt werden. Darüber hinaus sind Einflussgrößen auf die vorgefundenen Produktivitätsprogramme zu verifizieren und hinsichtlich ihrer Bedeutung zu bewerten.

Phase 3: Ermittlung und Wirksystematik der Einflussgrößen auf Produktivitätsprogramme

Ziel ist die Erarbeitung von branchenspezifischen Handlungsempfehlungen zur optimalen Auswahl, Konzeption und Ausgestaltung des Produktivitätsprogramms in Abhängigkeit der Systemziele und Einflussfaktoren. Auf Basis der empirischen Ergebnisse soll zunächst die Wirksystematik zwischen Zielgrößen und dem Produktivitätsprogrammelementen exemplarisch und allgemeingültig formuliert werden. Hierauf aufbauend werden die Anforderungen an ein optimales Produktivitätsprogramm für KMU der Werkzeug- und Schneidwarenindustrie formuliert und Handlungsoptionen für die Gestaltung des Produktivitätsprogramms aufgezeigt.

Phase 4: Integrationsmodell, Basisstrategien und Methoden

Anhand der theoretischen und empirischen Ergebnisauswertungen soll ein geeignetes ganzheitliches Modell zur Auswahl, Konzeptionierung und Ausgestaltung des Produktivitätsprogramms in den KMU der Werkzeug- und Schneidwarenindustrie vorgestellt werden. Hierbei ist ein wesentlicher Aspekt die Formulierung von Basisstrategien für typisierte Konstellationen von Einflussfaktoren, Zielgrößen und zu ermittelnden Faktorenausprägungen. Die Basisstrategien dienen als Empfehlungen zur Gestaltung des Produktivitätsprogramms. Darüber hinaus wird ein auf die Bedürfnisse des betrachteten Industriesektors (KMU der Werkzeug- und Schneidwarenindustrie) angepasster Methodenbaukasten zur Gestaltung und Konfiguration von integrierten Produktivitätsprogrammen erarbeitet.

Potentiale der Umsetzung

Nach Erprobung und Validierung der Forschungsergebnisse können diese durch die KMU der Werkzeug- und Schneidwarenindustrie für Zwecke der Selbsthilfe verwendet werden. Da der Projektplan einen frühzeitigen Start der Erprobungsphase vorsieht, können bereits parallel zur theoretischen Modellbildung Erkenntnisse über die praktische Relevanz von Teilergebnissen gewonnen werden. Die Veröffentlichung von Forschungs(teil-)ergebnissen sichert den Wissenstransfer zu Unternehmen und weiteren Wissenschaftsgebieten.

Durch Umsetzung der identifizierten unternehmenstypologisch optimalen Produktiviätsprogramme können Produktionskosten gesenkt, die Qualität nachhaltig gesteigert sowie Liefer- und Durchlaufzeiten deutlich reduziert werden. Vergleichbare Projekte der TU München in anderen Branchen haben zu einer Herstellkostenreduzierung um 10 bis 25 Prozent, zu einer Senkung der Ausschussraten um 30 bis 40 Prozent und zur Reduzierung der Durchlaufzeiten zwischen 15 und45 Prozent geführt. Mit ähnlichen Ergebnissen ist erfahrungsgemäß auch im Rahmen dieses Forschungsprojektes zu rechnen. Darüber hinaus kann durch eine Umgestaltung der Fertigungsbereiche die Flexibilität der Produktionen verbessert werden, was die langfristige Reaktionsfähigkeit des Unternehmens hinsichtlich möglicher Veränderungen im Produktprogramm und Produktionsvolumen steigern wird.

Forschungsinstitut für Unternehmens-führung, Logistik und Produktion

Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Horst Wildemann

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